Cami’s Erfahrungsbericht eines Solo-Gleitschirm-Biwak-Abenteuers: Vom Monte Generoso in Richtung Osten und zurück
Seit einer Weile schon wollte ich auf ein kurzes Biwak-Abenteuer mit dem Gleitschirm gehen. Der erste Versuch führte mich von der Wispile bei Gstaad bis nach Hause in Unterägeri. Allerdings waren die Verhältnisse so gut, dass ich die gesamte Strecke an einem Tag erledigt habe und das Biwakieren demzufolge vertagt werden musste. Also musste ein weiteres Datum her.
Das Abenteuer begann am frühen Morgen des 19. Juli 2022 auf dem Gipfel des Monte Generoso. Die Prognosen für die nächsten 3 Tage waren gut mit relativ wenig Höhenwind und einer Basis von ungefähr 2300m. Mit meinem Alpina 4 bereitete ich mich auf einen atemberaubenden Flug vor, der mich über den Lago di Como bis nach San Giovanni Bianco in Italien führen sollte. Für mich war das absolutes Neuland.
Der Wind beim Start war günstig, als ich mich in Richtung Osten in die Lüfte erhob. Unter mir erstreckte sich der glitzernde Lago di Como, umrahmt von grünen Hügeln und malerischen Dörfern. Es war ein Anblick, den ich nie vergessen werde.
Nach einem reibungslosen Flug erreichte ich San Giovanni Bianco und landete sanft neben einem leicht erhöhten Fussballplatz in der Nähe des Städtchens. Ich füllte meine Wasserbehälter auf und begann meine Wanderung mit einem Rucksackgewicht von etwa
20 kg in Richtung Monte Cancervo. Es ist zu erwähnen, dass zu dieser Zeit in Norditalien extreme Trockenheit und sehr hohe Temperaturen herrschten. Im Dorf Pianca fand ich glücklicherweise eine Brunnen mit frischem Quellwasser und konnte den Wasservorrat wieder auffüllen. Von dort führte mich der Weg durch üppige Wälder und entlang schmaler und teilweise sehr steiler Bergpfade, bis ich schließlich ein idyllisches Plätzchen hoch über San Giovanni Bianco fand, um mein Nachtlager aufzuschlagen. Ich war froh genug Wasser dabei zu haben, denn oben auf dem Berg gab es gar nichts. Sämtliche Bäche waren ausgetrocknet.
Die Nacht war nicht so ruhig, wie ich es erwartet hatte. Mehrmals wurde ich von mysteriösen Tiergeräuschen geweckt. Erst am nächsten Morgen wurde mir klar, dass ich mein Biwak neben einer kleinen Herde Gämsen aufgeschlagen hatte. Es war ein unerwartetes, aber faszinierendes Erlebnis, so nah an der Natur zu sein.
Als Nächstes galt es einen geeigneten Startplatz zu finden. Ich entschied mich für einen Klippenstart ganz in der Nähe meines Nachtlagers. Weiter ging es wieder Richtung Westen. Nach einem kurzen Flug und wenig Thermik landete ich schliesslich bei Piani di Artavaggio. Ich wollte nicht zu tief im Tal unten landen und entschied mich daher, weiter oben zwischenzulanden. Danach verbrachte ich bei grosser Hitze drei Stunden damit, einen geeigneten Startplatz zu finden, bevor ich mich erneut in die Lüfte erhob.
Der Flug vom Zucco di Maesimo nach Maggio war anspruchsvoll, da der Talwind ziemlich stark war. Doch die Aussicht, den ganzen Weg nicht zu Fuss machen zu müssen, war es wert. Bei der Landung in Maggio hatte es noch mehr Wind. Ich entschied mich für eine grosse Wiese, um sicher landen zu können. Von dort nahm ich einen Bus nach Lecco, wo ich die Nacht in einem kühlen Hotelzimmer verbrachte.
Am nächsten Tag führte mich mein Abenteuer weiter auf den Monte Cornizzolo. Von dort aus genoss ich einen wunderschönen Flug bis zum Monte Tamaro, wo ich zwischenlandete und mir etwas zu essen gönnte. Doch die Ruhe wurde plötzlich durch eine unerwartete Begegnung gestört - eine Kuh, die sich mitten auf der Terrasse zwischen den Touristen bewegte. Es war lustig zuzuschauen, wie sich die Leute teils panisch aus dem Staub machten. Die Kuh schien sich ab dem Geschrei nicht gross zu stören und trottete gemächlich zwischen den Tischen und Bänken weiter.
Gegen 17 Uhr startete ich erneut und machte mich auf den Rückflug. Über der Cima del Medeglia erreichte ich genügend Höhe und genoss den atemberaubenden Blick auf die Magadino Ebene, um schliesslich in Bellinzona zu landen.
Von Bellinzona aus machte ich mich mit dem Zug auf den Weg zurück nach Arth Goldau. Es war eine unvergessliche Reise voller Abenteuer, unerwarteter Begegnungen und wunderschönen Landschaften. Ein Gleitschirm-Biwak-Abenteuer, das mir noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Ausrüstung:
- Gleitschirm Ozone Alpina 4
- Gurtzeug Ozone Lightness 2 mit Notschirm
- Handy, Akku, XC Tracer Maxx
- Navi-Apps - Outdooractive und XC Track
- Aufblasbare Schlafmatte und Kissen
- Hüttenschlafsack
- Microfaser Badetuch, Ersatzkleider
- 2l Camelbag und 0.5l PET Flasche
- Studentenfutter und Chocovo